Jahresbericht 2016
Das Länderportfolio von Swisscontact umfasst sowohl sehr arme und fragile Länder als auch Staaten mittleren Einkommens. In beiden Kontexten konnte Swisscontact 2016 dank langjähriger Erfahrung spezifische Lösungen anbieten und ihr Projektportfolio erweitern.
Swisscontact ist in verschiedenen Ländern tätig, in denen der Staat auf unsicheren Grundlagen steht. Politische oder humanitäre Krisen erschweren den Aufbau funktionierender staatlicher Institutionen. In Nord- und Westafrika kommt die Bedrohung durch terroristische Gruppierungen hinzu. Solch fragile Kontexte stellen Swisscontact vor Herausforderungen: Die Risiken betreffend Projektmanagement, Sicherheit und Zielerreichung sind grösser als in gut funktionierenden Staaten. Wo die staatlichen Strukturen schwach sind, ist es besonders anspruchsvoll, einen nachhaltigen Systemwandel herbeizuführen.
Nun sind diese Herausforderungen natürlich nicht neu. Swisscontact hat in den vergangenen Jahrzehnten gelernt, auch in einem fragilen Umfeld erfolgreich einen Beitrag zur Bekämpfung der Armut zu leisten. Grundlegend sind eine schnelle Reaktionsfähigkeit und gut etablierte Kontrollmechanismen innerhalb der Projektarbeit. Diese und die strengeren Sicherheitsbestimmungen bringen jedoch höhere operationelle Kosten mit sich. Es erfordert einen sehr umsichtigen Umgang mit den finanziellen Ressourcen, diese Aufwände auch in Zukunft mit immer knapper bemessenen Projektbudgets zu decken.
In fragilen Kontexten setzt Swisscontact fast ausschliesslich technische Projekte um, die von bilateralen Geberorganisationen wie zum Beispiel von der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA oder Partnern aus der Privatwirtschaft finanziert werden. Der Schwerpunkt dieser Art von Projekten liegt in Afrika.
In armen Staaten richtet sich die Arbeit von Swisscontact hauptsächlich an die untersten Bevölkerungsschichten. In Ländern mittleren Einkommens liegt der Fokus darauf, diejenigen miteinzubeziehen, die nicht vom generellen wirtschaftlichen Aufschwung profitieren. Denn obwohl es in diesen Ländern eine wachsende Mittelschicht gibt, sind die Einkommen doch sehr ungleich verteilt; Armut und Perspektivlosigkeit sind noch weit verbreitet.
Dass das Know-how von Swisscontact zur Förderung der Privatwirtschaft in Ländern mittleren Einkommens anerkannt ist, zeigt die verstärkte Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft SECO. Mittlerweile setzt Swisscontact für das SECO mehrere grosse und teilweise kontinentübergreifende Projekte um, darunter das Swiss Entrepreneurship Programm in sechs Ländern und ab 2017 das Swiss Import Promotion Programme SIPPO in elf Ländern sowie ein Projekt, welches die Wettbewerbsfähigkeit kolumbianischer KMU verbessern hilft. Länder mittleren Einkommens weisen oft relativ gefestigte staatliche und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Das erleichtert die Einbindung privatwirtschaftlicher Unternehmen in der Entwicklungszusammenarbeit, wie es die Agenda 2030 der UNO fordert: Die Privatwirtschaft soll zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele einen entscheidenden Beitrag leisten.
Die Privatwirtschaft in Entwicklungsprojekte einzubeziehen, ist für Swisscontact nichts Neues. Im Rahmen ihrer Marktentwicklungsprojekte arbeitet Swisscontact seit Jahren intensiv mit Privatsektorpartnern zusammen, welche sich an den Kosten der Massnahmen beteiligen. So hat im Projekt «Katalyst» in Bangladesch, in das die öffentlichen Geber in mehr als zehn Jahren über 100 Millionen investiert haben, der Privatsektor rund 50 Millionen an Investition beigetragen. Ein Modell, das sich bereits etabliert hat, sind sogenannte Public-Private-Partnerships auf der Basis von «matching funding». Das heisst, die öffentliche Hand unterstützt Bestrebungen privater Unternehmen, einen Beitrag zur Agenda 2030 zu leisten, indem sie einen Teil der Investitionen und damit des Risikos übernimmt.
Als wirtschaftsnahe Stiftung begrüsst Swisscontact die stärkere Einbindung von Unternehmen sehr. Indessen sieht Swisscontact eine zentrale Herausforderung darin, private Investitionen zu ergänzen, nicht sie zu verdrängen. Die Rollenaufteilung muss noch geschärft werden: Welche ist die Funktion der Privatwirtschaft, welche die der multilateralen und institutionellen Geber, und welchen Beitrag können Entwicklungsorganisationen wie Swisscontact leisten? Ein Beispiel, wie die Rollen aufgeteilt werden könnten, zeigt Swisscontact mit einem durch das SECO finanzierten Projekt im Kakaosektor in Indonesien: Die öffentliche Hand finanziert klassische entwicklungspolitische Aufgaben wie Grundlagentraining oder Massnahmen zur Verbesserung der Geschlechtergleichheit. Der Privatsektor wiederum kommt für die Kosten der Nachhaltigkeitszertifizierung, der Rückverfolgbarkeit und des Monitorings auf. Swisscontact koordiniert diese Bestrebungen in einer neutralen Vermittlerrolle.
In ihrem Entwicklungsprogramm setzt Swisscontact eigene Projekte um, welche durch die DEZA und private Partner unterstützt werden. In der neuen Phase 2017 bis 2020 werden die bestehenden Projekte weiterentwickelt, sodass sie eine langfristige Wirkung erzielen können. Neu wird das Programm auch auf Kambodscha ausgeweitet: mit einer Ausdehnung des bestehenden Projektes für die Förderung des Tourismus in Süd-Laos und der Einführung neuer Technologien in der Landwirtschaft. Der thematische Schwerpunkt liegt auch in der neuen Phase auf der Berufsbildung; verstärkt aufgenommen wird das Thema Unternehmertum, indem verschiedene Ansätze getestet und innovative junge Erwachsene bei der Lancierung ihrer Geschäftsidee unterstützt werden.
Thematisch hat sich Swisscontact im Berichtsjahr intensiv mit Finanzdienstleistungen auseinandergesetzt. Der Zugang zu Finanzdienstleistungen bildet eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme am wirtschaftlichen Leben. Mit der Integration von lokalen Unternehmen in den Finanzsektor kann eine Wirtschaft erst formalisiert und somit auch gestärkt werden. Nach verschiedenen internen Studien und Diskussionen entstand eine neue Strategie zu diesem Thema. Sie legt fest, dass der Zugang zu Finanzdienstleistungen in alle neuen Projekte von Swisscontact transversal einfliessen soll: Wenn Swisscontact in Berufsbildungsprojekten einen neuen Lehrplan einführt, soll er auch die Vermittlung von finanziellen Grundkenntnissen beinhalten. Bei der Entwicklung von Wertschöpfungsketten wiederum ist es unumgänglich, dass Kleinbauern die Möglichkeiten erhalten, ein Sparkonto zu eröffnen oder einen Kredit aufzunehmen. Nur so können sie in ihr Unternehmen investieren.
In der Projektarbeit von Swisscontact hat Schweizer Expertise einen hohen Stellenwert. Der Zugang erfolgt mittels einer gezielten Zusammenarbeit mit Schweizer Forschungseinrichtungen. 2016 haben beispielsweise Experten der Fachhochschule St. Gallen wie auch der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern ihr Wissen an Touristiker in Mazedonien weitergegeben. Auf Basis der guten Zusammenarbeit mit verschiedenen Instituten der Fachhochschule Luzern wurde nun ein globales, übergreifendes Abkommen unterzeichnet. Weiter arbeitete Swisscontact im Berichtsjahr eng mit der Zürcher Hochschule der Künste sowie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wädenswil zusammen.
Neu ist Swisscontact in 34 Ländern aktiv. 2016 hinzugekommen ist ein Büro in der Demokratischen Republik Kongo. Karte
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